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TÜV beim Pferd: Ihre Rechte bei der Kaufuntersuchung

 

Der übliche Pferde-TÜV heißt nicht nur wegen seiner eingängigen Abkürzung so, sondern spiegelt den immer größeren Einsatz technischer Mittel bei Befunderhebung durch Röntgen, Ultraschall, Szintigraphie etc. wieder. Auch wenn ein Pferd wie ein Uhrwerk laufen kann, ist es keine Maschine und entspricht in den meisten Fällen nicht der anatomischen Idealvorstellung. Durch eine Untersuchung können sich sowohl Käufer als auch Verkäufer Gewißheit über den tatsächlichen Zustand des zum Verkauf stehenden Pferdes schaffen.

Je nachdem, ob der vor oder beim Kauf untersucht wird, spricht man von Verkaufs- oder Ankaufsuntersuchung. 

Die Verkaufsuntersuchung wird häufig schon einige Zeit vor dem Verkauf vorgenommen. Der Verkäufer will prüfen, ob er ein gesundes Pferd hat, das er mit entsprechenden TÜV I oder II deutlich höher im Preis bewerben kann. Wird jedoch eine Erkrankung wie eine Bronchitis, Spat oder Chips festgestellt, muß der Verkäufer zwar den Kaufpreis entsprechend nach unten korrigieren, er kann so jedoch meist einen langwierigen Rechtstreit vermeiden, in dem er dem Käufer nicht nur den Kaufpreis sondern auch Einstell-, Schmied-, Tierarzt- und Berittkosten erstatten muß.

Von einer Ankaufsuntersuchung (AKU) spricht man, wenn der Verkäufer oder Käufer einen Tierarzt mit der Untersuchung des Tieres beauftragt, über das schon ein Kaufvertrag aufschiebend oder auflösend bedingt geschlossen worden ist. Man findet hier häufig die Formulierung in Verträgen, dass der Kaufvertrag nur wirksam werden soll, wenn die Untersuchung ohne besonderen Befund bleibt.

Hierbei hat man – wie auch bei der Verkaufsuntersuchung – die Wahl zwischen einer sogenannten kleinen und großen Untersuchung: Bei der kleinen finden Standarduntersuchungen statt, wie die Prüfung der wichtigen Sinnesorgane und Organsystem wie das Herz-Kreislauf- das Atmungssystem und der Bewegungsapparat. Die Untersuchungen erfolgen im Ruhezustand und dann in der Bewegung sowie während und nach einer sogenannten Gebrauchsprüfung, bei der das Pferd je nach Ausbildung und Einsatz gefahren, geritten oder longiert wird. Bei der großen AKU kommen noch Röntgenbilder hinzu, üblicherweise 10 und mehr. Sinnvoll ist eine Blutprobe zur Prüfung der Medikamentengabe von Schmerzmitteln und eventuellen Doping.

Das Ergebnis der Untersuchung und seine Richtigkeit kann nicht nur für Käufer und Verkäufer entscheidende Bedeutung haben: Macht der Tierarzt bei der Untersuchung Fehler, kann er zur Haftung herangezogen werden. Hierbei ist entscheidend, dass er grundsätzlich nur von seinem direkten Auftrageber aus dem Untersuchungsvertrag haftbar gemacht werden kann. 

Allerdings kann auch der Käufer Ansprüche gegen den Tierarzt geltend machen, wenn der Verkäufer ihn zu einer Verkaufsuntersuchung beauftragt hat. In diesem Fall hat der Untersuchungsvertrag Schutzwirkungen für den am Vertrag unbeteiligten Käufer, denn der Tierarzt wußte, dass seine Aussagen für die Kaufentschluß des Käufers ganz entscheidend sind.

Aber Achtung: Umgekehrt kann der Verkäufer den Tierarzt nicht belangen, wenn dieser vom Käufer beauftragt und bezahlt wurde. So hat erst im Dezember 2008 das Landgericht Itzehoe entschieden, dass die allein von einem Pferdekäufer gewünschte und gegenüber einem Tierarzt in Auftrag gegebene Ankaufsuntersuchung keine Schutzwirkung gegenüber dem Pferdekäufer entfaltet, so dass dieser den Tierarzt später nicht wegen fehlerhafter Begutachtung des Pferdes in Haftung nehmen kann. Vielmehr geht das Interesse des Käufers und Auftraggebers des Gutachtens allein dahin, sich ein von den Verkäuferaussagen unabhängiges Bild über den Zustand des Kaufobjekts zu schaffen. Zu diesem Zwecke bedient er sich eines Dritten, nämlich eines sachverständigen Tierarztes, auf dessen verlässliche und fachkundige Bekundungen er seine Kaufentscheidung mit dem Vorteil stützen will, im Falle der fehlerhaften Begutachtung einen weiteren Haftungsadressaten für etwaige Schadensersatzansprüche wegen des Kaufes eines mangelhaften Tieres zu haben.

Die untersuchenden Tierärzte haben im übrigen die Möglichkeit, in begrenztem Maße die Haftung auszuschließen.

Der Tierarzt-TÜV kann sowohl verkaufördernd als auch nerven- und geldbeutelschonend sein und ist damit stets eine gute Investition.

 

Rechtsanwältin Dr. Christine Conrad | www.conrad-recht.de

 

Veröffentlicht im horseWOman Magazin im Jahr 2009